In Memoriam Lou Levy

* Chicago (Illinois) 5.3.1928 + Dana Point/San Clemente (Kalifornien) 23.1.2001

von Bernhard Vogel

(aus: The Voice-Magazin der Deutschen Sinatra Society e.V. #2/2001)

Er sei “der Swing-Ära-Sänger schlechthin” gewesen, hat Lou Levy vor einigen Jahren in einem Interview über Frank Sinatra gesagt: Es waren die zahlreichen musikalischen Einflüsse dieser Epoche, die auch noch den dreizehn Jahre jüngeren, in Chicago als Sohn jüdischer Emigranten geborenen Jazzpianisten selbst prägten.

Gegen Ende der Vierziger Jahre machte er erstmals als Mitglied der durch Europa tourenden jungen Be-Bop-Band von Chubby Jackson auf sich aufmerksam; später spielte er in den Orchestern von Benny Goodman, Woody Herman, Stan Getz und Shelly Manne. Als Studiomusiker arbeitete er seit den Fünfziger Jahren unter anderem mit Sarah Vaughan und Anita O’Day, und sein zurückhaltender, angenehm weicher Swing veredelt zahlreiche der legendären, von Norman Granz produzierten “Songbook”-Alben der großen Ella Fitzgerald auf dem ‘Verve’-Label. Seine eigene Berühmtheit verdankt Levy neben einigen Soloalben freilich vor allem seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als ‘Hauspianist’ von Peggy Lee, für deren musikalisches Oeuvre er einen ähnlich bedeutsamen Status errang wie Bill Miller für Sinatra.

In dieser Eigenschaft kam er im April 1957 erstmals mit Frank im Studio zusammen, als Peggy mit Nelson Riddle und Sinatra als Conductor eines ihrer besten Alben, “The Man I Love”, für Capitol einspielte. Als dann Bill Millers Haus bei Los Angeles zur Jahreswende 1968/69 durch einen Erdrutsch zerstört wurde, der Millers Frau das Leben kostete und ihn selbst zu einem mehrmonatigen Krankenhausaufenthalt zwang, engagierte Sinatra Levy als Ersatz.

Unter den Songs, die mit ihm am Piano aufgenommen wurden, ragen zwei heraus: “A Day In The Life Of A Fool”, eine jener wunderbaren Balladen, die vom rastlosen Tagesablauf eines Verlorenen erzählen und eben ohne Piano nicht denkbar sind, und dann vor allem Jimmy Webbs gnadenlos trauriges “Didn’t We”, eine der besten Aufnahmen im Repertoire des weißen “Black Balladeer” Sinatra.

Im Frühjahr 1987 sind die beiden Swinglegenden dann nochmals kurz gemeinsam auf Tournee gegangen. Besonders die dabei als intimes Duett zwischen The Voice und Piano dargebotene Saloon-Version von “This Love Of Mine” lies das Können der “Swing-Era guys” erneut hell aufleuchten.

Ein halbes Jahr vor Sinatras Tod, im Dezember 1997, spielte Levy gemeinsam mit Bill Miller und anderen jahrzehntelangen instrumentalen Wegbegleitern Sinatras, namentlich Al Viola und Ron Anthony (Gitarre) und Chuck Berghofer (Bass), sowie dem Drummer Joe LaBarbera “The Memory Of All That – The Chairman’s Board Salutes Sinatra” ein, das sicherlich schönste und wegen seiner kleinen Besetzung wohl auch pointierteste aller Sinatra-Tribut-Alben, auf dem Levys nachdenkliche Solo-Interpretationen von “Violets For Your Furs” und “Paradise” hervorstechen.

In weltweit ständigem Gehör bleiben wird Levy aber mit einer ganz speziellen Aufnahme, um deren Berühmtheit der Pianist, ganz wie es seine bescheidene Art war, niemals aufhebens gemacht hat, und die daher heute nur wenige auch mit seinem Namen in Verbindung bringen: Es ist sein Klavierspiel, das auf Frank Sinatras originaler Studioaufnahme von ‚My Way‘ (30.12.1968) zu hören ist.

Viele sind nicht mehr übrig aus der musikalischen Glanzzeit des vorigen Jahrhunderts, die man “The Era of Swing” nennt, und nun ist auch für Lou Levy der letzte Vorhang gefallen. Am 23. Januar diesen Jahres ist er im Haus seines Freundes im kalifornischen Dana Point gestorben.

(c) Deutsche Sinatra Society e.V., The Main Event und Bernhard Vogel 2001/2006

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