Bericht vom Sinatra Jahrestreffen in Bonn 2010

10 Jahre DSS am Alten Vater Rhein

Der diesjährige Austragungsort unseres DSS-Treffens blickt auf eine über 2000-jährige Geschichte zurück und ist damit eine der ältesten Städte Deutschlands. Germanen und Römer siedelten hier, über 200 Jahre war die Stadt Residenz der Kölner Kurfürsten und 50 Jahre war sie Regierungssitz der Bundesrepublik Deutschland. Und nun – im Jahre 2010 – sollte der nächste Höhepunkt folgen: Die Deutsche Sinatra Society beging in Bonn ihr 10-jähriges Jubiläum. Und was für eins – nicht nur, dass wir eine Rekordbeteiligung zu verzeichnen hatten, auch die Organisation unserer Mitglieder Andreas ‚Jupp’ Est, Bernhard Vogel und Malaika Ebert verlief so perfekt, dass man in der Tat von einem mehr als würdigen Rahmen für das Jubiläumstreffen sprechen konnte.

Apropos würdiger Rahmen: Das Hotel Mercure in Bonn-Hardtberg erwies sich nach Komfort und Ausstattung als geradezu fürstliche Residenz – ob es nun die piekfeinen Zimmer, die großzügigen Tagungsräume (die Betonung liegt wirklich auf der Mehrzahl) oder das Abendessen am Samstag war, bei dem man sich nach Auswahl und Ambiente als Teilnehmer eines „Gala-Diners“ vorkommen musste. Keine Ahnung, wie es unser Freund Jupp geschafft hat, dies alles zu einem mehr als akzeptablen Preis zu bekommen – sein Verhandlungsgeschick als erfahrener Kommunalpolitiker konnte er uns ganz sicher unter Beweis stellen…

Im Schatten des Ludwig van Beethovens, der in Bonn im Jahre 1770 geboren wurde und dessen Denkmal auf dem Bonner Marktplatz steht, traf sich am Freitag Mittag bereits eine stattliche Gruppe Frühstarter. Dass der alte Ludwig van sich dabei auf seine alten Tage ein ohrenbetäubendes Beach-Volleyball-Event anhören und anschauen musste und hinter einer großen transportablen Tribüne im wahrsten Sinne des Wortes ein Schattendasein fristete, tat der Begrüßungsfreude unter den bereits eingetroffenen Mitgliedern keinen Abbruch, es machte höchstens das Fotografieren der Statue schwerer…

Für die Stadtführung und die historische Seite Bonns konnten wir keinen besseren als Bernhard finden, der nicht nur in seiner Eigenschaft als Historiker glänzen konnte, sondern einen Großteil seiner Kindheit und Jugend in der Rheinmetropole verbracht hat. Wen wundert’s da, dass wir im Folgenden auch an Ecken geführt wurden, die man als normaler Tourist vielleicht nicht ohne weiteres findet?

Das gilt insbesondere für den ersten Haltepunkt – einer kleinen Sensation, wie ich behaupten darf: Wenn ich jetzt schreibe, dass es um eine Kapelle in einem Kaufhaus geht, dann werdet Ihr mich sicher für verrückt erklären. Aber tatsächlich – das gibt’s: Die Helena-Kapelle ist in der Tat nur von der Abteilung für Damen-Oberbekleidung bei Karstadt zu sehen, ob ihr’s nun glaubt oder nicht. Sie gilt als einzige erhaltene romanische Hauskapelle einer Stiftskurie im Rheinland, datiert auf das 12. Jahrhundert. Wenn sich die Daheimgebliebenen überzeugen wollen…

http://www.bonner-muenster.de/wertvolles/helena-kapelle.htm

Von mittelalterlicher romanischer Baukunst hätte es kaum einen größeren Kontrast zu dem Bauwerk klassischer Moderne geben können, das als nächstes auf dem Besuchsprogramm stand: Im ehemaligen Regierungsviertel mit dem Hochhaus „Langer Eugen“, das einst die Abgeordneten des Deutschen Bundestages beherbergte und nun von der UNO genutzt wird, für die Bonn eine wichtige Adresse ist, machten wir uns auf zum ehemaligen Kanzleramt, das nun vom „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ genutzt wird – Bonn hat eben längst nicht seinen Status als Sitz von Bundesministerien oder Ämtern eingebüßt, wie manche glauben. Nachdem wir unserer Ausweise entledigt wurden, durften wir aufs Gelände und waren über die spröde Architektur des Gebäudes entsetzt bis erstaunt – die 60er und 70er Jahre ließen grüßen. Eigentlich unglaublich, dass das Amt unseres Regierungschefs zu Zeiten der alten Bundesrepublik aussah wie ein Schulgebäude – jedenfalls nachdem der Kanzler aus dem hochherrschaftlichen Palais Schaumburg hinübergewechselt war, das sich ebenfalls auf dem Gelände befindet.

Das eigentliche Ziel unserer Besichtigungstour war allerdings die Dienstwohnung der Kanzler von Erhard bis Kohl – der Kanzlerbungalow auf dem gleichen Gelände. Auch hier wird eher nüchterner Charme der 60er Jahre versprüht – Behaglichkeit sieht anders aus. Ein sehr helles Gebäude mit riesigen Fenstern.

http://de.wikipedia.org/wiki/Kanzlerbungalow

Da die Wüstenrot-Stiftung das Haus zwei Jahre lang sanierte und in vielen Bereichen in seinen ursprünglichen Zustand versetzte, haben Gruppen nun Gelegenheit, unter Führung einer (in unserem Fall äußerst charmanten) Mitarbeiterin vom „Haus der Geschichte“, die Kanzlerwohnung zu besuchen. Sie beherbergt eine Dauerausstellung und die Räume sind interessanterweise mal im Kohl-, mal Schmidt- oder mal Brandt-Stil wieder hergerichtet worden . manchmal findet man auch ein Gemisch von allen. Über Geschmäcker lässt sich ja bekanntlich nicht streiten. Ich frage mich heute noch, wie es ein Helmut Kohl geschafft hat, in sein winziges Badezimmer vorzudringen und auf dem nicht minder kleinen Abort Platz zu nehmen. Aber das nur am Rande…

Dass die Stiftung, die das Haus verwaltet, sich sehr um unser Wohlergehen und darum sorgte, dass wir auf dem Wege zum Bungalow nicht vom selben abkommen, manifestierte sich in zwei sonnenbebrillten Herren von kräftiger Statur und im Anzug, die uns in sicherem Abstand folgten. Wer bei dem Anblick aber an Geheimdienst oder ähnliches gedacht hatte, wurde – je nachdem – enttäuscht oder beruhigt: Die beiden entpuppten sich im weiteren Verlauf als durchaus umgängliche Menschen, die uns sogar in Räume hineinließen, die noch nicht einmal unsere Historikerin vom „Haus der Geschichte“ gesehen hatte.

Nach diesem historischen Exkurs begaben wir uns am Rhein entlang zu Fuß Richtung Bonn zurück, nicht ohne dabei einen Blick auf die „Villa Hammerschmidt“ – immer noch Zweitsitz des Bundespräsidenten – oder den im Südosten am Rhein liegenden Petersberg mit dem berühmten Hotel oder den sagenumwobenen Drachenfels zu werfen. Schließlich erfrischten wir uns in einem Biergarten bei einem alten Zollgebäude und wurden sodann von Bernhard auf die lange Geschichte der „Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität“ aufmerksam gemacht. Ursprünglich kurfürstliches Schloss, stellt sie bis heute eine der gefragtesten Studienplätze in Deutschland dar, an der solche Gelehrte wie Ernst Moritz Arndt oder Karl Barth wirkten und Studenten wie Heinrich Heine studierten.

Der erste Tag klang kulinarisch in einem guten jugoslawischen Restaurant und musikalisch im Hotel natürlich mit Sinatra aus…

Der Samstag stand vormittags ganz im Zeichen des wahrscheinlich bedeutendsten deutschen Komponisten überhaupt: Das Geburtshaus Ludwig van Beethovens in der Bonngasse beherbergt die größte Beethoven-Sammlung weltweit und im Nachbarhaus ein Studio für digitale Sammlungen seiner Musik, sowie eine Bühne für Musikvisualisierung. Anhand von originalen Einrichtungsgegenständen, Instrumenten und Dokumenten wird Beethovens Leben nachvollziehbar. Vielleicht am nachhaltigsten eingeprägt hat sich bei mir die praktisch komplette Sammlung der Hörrohre, derer sich Beethoven zunehmend bedienen musste, um sich einigermaßen mit seiner Umwelt zu verständigen, bis auch das nichts mehr half. Die größte Katastrophe seines Lebens – die Schwerhörigkeit, die am Ende zur totalen Taubheit wurde – hinderte ihn indes nicht daran, die Uraufführung seiner 9. Sinfonie selbst zu dirigieren. Wenn man schon das Wort Genie in den Mund nimmt, wenn man es denn nicht inflationär verwenden möchte, dann sollte es zutreffen auf diesen Mann. Frank, der ein großer Klassik-Liebhaber war, dürfte etliches von Beethoven in seinem Plattenschrank gehabt haben.

Der „Verein Beethoven-Haus“ übernahm das vom Verfall bedrohte Gebäude bereits 1889. Prominente Vereinsmitglieder der ersten Stunde waren Giuseppe Verdi, Johannes Brahms, Clara Schumann (die zusammen mit ihrem Mann Robert auf einem Bonner Friedhof begraben ist) oder Reichskanzler Otto von Bismarck. Heute zählt der Verein 1000 Mitglieder, die nicht nur das Museum unterhalten, sondern auch wissenschaftliche Forschungsarbeit zum Thema betreiben und finanzieren und Bücher in einem eigenen Verlag herausbringen.

Ein äußerst interessanter virtueller Rundgang durch das Museum ermöglicht es den Mitgliedern, die nicht am Treffen teilnehmen konnten, etwas von der Atmosphäre des Museums aufzunehmen.

www.beethoven-haus-bonn.de

Das Mittagessen bestand für den Autor aus einem sehr traditionellen rheinisch-westfälischen Gericht, das aber in abgewandelter Form auch in Norddeutschland oder in Schlesien vorkommt: Himmel und Erde (rheinisch: Himmel un Ääd), was die Äpfel vom Baum und die Erdäpfel (Kartoffeln) symbolisiert, mit gebratener Blutwurst und gerösteten Zwiebeln. Und trotz der Warnungen und Ekelbezeugungen meines Tischnachbarn mundete es ganz vorzüglich…

Der Nachtisch in einer Eisdiele in der Nähe brachte dann eine Besonderheit: Hier wurden wir mit dem „Coffee-Song“ empfangen, der mittlerweile die Haushymne geworden sein soll – die Organisatoren hatten ganze Arbeit geleistet und labten sich an einem vorzüglichen Espresso. Und das Eis war köstlich…

Das gewaltige Bonner Münster „St. Martin“ (auch „Münsterbasilika“ genannt), das im 11. Jahrhundert als romanische Stiftskirche „St. Cassius und Florentius“ des „Cassius-Stifts“ erbaut wurde, stand dann am Nachmittag auf dem Programm. Die beiden christlichen Märtyrer Cassius und Florentius sollen römische Soldaten gewesen sein, die sich zu Christus bekannten und sich weigerten, den Kaiser als Gott zu verehren, weshalb sie sterben mussten. Sie wurden neben Adelheid die Schutzpatrone der Stadt Bonn, ihre Reliquien sollen in einem Schrein liegen, der in der Krypta steht. Der Besuch des Kreuzganges rundete den Besuch des Bonner Münsters ab, nicht zu vergesseb der Pranger direkt vor dem Haupteingang.

Der Abend im Hotel stand natürlich ganz im Zeichen Sinatras – die Videos enthielten Kleinode wie z.B. die erste ABC-Show 1957 mit Bob Hope, die jedenfalls ich zuvor noch nie gesehen hatte.

Ganz besonders freute sich die Gemeinschaft über den Besuch von DSS-Gründungsmitglied Andreas Kroniger nebst Freundin am Abend, der zum ersten Mal seit langer Zeit wieder an einem DSS-Treffen teilnahm.

Waren in den Jahren zuvor die Sonntage bereits am Morgen ausschließlich die Tage trauriger Abschiede, so war das diesmal nicht ganz so, denn eine erkleckliche Zahl von Mitgliedern fand sich gegen Mittag auf dem Kölner Domplatz ein, um nicht nur das Weltkulturerbe mit seinem Dreikönigenschrein zu besichtigen, sondern auch einem anderen historischen Ereignis zu gedenken, das am 06. Juni 1993 tausende Sinatra-Herzen höher schlagen ließ: „Sein“ letztes Europa-Konzert auf dem Roncalliplatz vor dem Kölner Dom wurde durch die Schilderungen der anwesenden Zeitzeugen für alle wieder lebendig, genauso wie das außergewöhnliche Ereignis, dass die direkt am Dom gelegene Hohenzollernbrücke damals extra wegen Frank an diesem einen Tag für den Autoverkehr freigegeben wurde.

So klang das offizielle Treffen endgültig am Nachmittag aus. Es bleibt der Dank an die Organisatoren dieses Jubiläumstreffens, die ein unvergessliches Erlebnis daraus machten und das die Vorfreude auf Potsdam 2011 steigen lässt.

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