Jahrestreffen in Hamburg: HO-HO, UND NE BUDDEL VOLL SWING!

In Hamburg war Familientreffen
von Bernhard Vogel.

Anfang Juni 1993 stand Hamburg auf Frank Sinatras Tourneekalender bei seiner letzten Konzertreise durch Europa, und für alle, die damals dabei waren, ist es kaum zu glauben, daß das nun schon wieder zwanzig Jahre her sein soll. Was also hätte es passenderes geben können, als diese und andere Erinnerungen zwei Jahrzehnte danach an der Waterkant im DSS-Familienkreis aufzufrischen?

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Mit gut zwei dutzend Teilnehmern erfreulich zahlreich besucht war unser schönes Jahrestreffen vom 12. bis 14. Juli 2013 in Hamburg. Einige zumal der vom Tor des Balkans angereisten Familienmitglieder verbanden das Treffen gleich mit einem Kurzurlaub im Norden, die DSS-Stadt Bremen ist ja nur einen Katzensprung entfernt, und das mondäne Sylt ebenfalls in erreichbarer Nähe. Doch im Mittelpunkt stand natürlich unser Hamburger „Familienwochenende“ – das jedenfalls scheint mir die passende Bezeichnung dafür zu sein, wie nahtlos die Vorfreude auf ein Wiedersehen mit altvertrauten Gesichtern in herzliche Begrüßungen und geselligen Austausch der neuesten Neuigkeiten überging, und wie ein sonniges Sommerwochenende wieder mal im Fluge verging!

Für unsere DSS eine bezahlbare und raum- wie versorgungstechnisch passende Unterkunft zu finden, ist jedes Jahr eine Herausforderung, doch so unglaublich kompliziert wie es uns das aberwitzige Buchungssystem der „NH“-Hotelgruppe diesmal machte, war es wohl noch nie, deswegen sei hier einleitend erwähnt, daß sich besonders unser Andreas Est aus Gelsenkirchen-Buer dabei einmal mehr große, freilich keinesfalls nervenschonende Verdienste erworben hat – und dann selber auch noch das Treffen sausen lassen mußte. Jupp, dafür kannste jetzt hier nachlesen, warum letztere Entscheidung ein schwerer Fehler war…! 🙂

Unser Hotelquartier lag direkt an der Horner Galopprennbahn, die schon auf eine jahrhundertelange Tradition zurückblicken kann; 1855 erbaut, wird hier bereits seit 1869 das jährliche Deutsche Derby vor bis zu 50.000 Besuchern ausgetragen. (Ganz so viele Mitglieder haben wir zwar noch nicht, aber was nicht ist, kann ja noch werden…) Und nach all den Buchungsschwierigkeiten konnten wir erfreut feststellen, daß die Versorgung im Hotel durch sehr freundliches Personal auch zu später Stunde wenig zu wünschen übrig ließ.

Gute Tradition geworden ist es ja inzwischen, daß wir uns in einer Stadt treffen, in der eins oder mehrere unserer Mitglieder beheimatet sind – diesmal also zeigte uns Jürgen Janßen sein Zuhause und hatte sich dafür ein abwechslungsreiches, um nicht zu sagen untergründiges Programm einfallen lassen. Zum Auftakt trafen wir uns am Freitag nachmittag „beim Alex“, einem Terassenlokal an der Innenalster – hinter dem heute schnödmammonigen Namen verbirgt sich übrigens der legendäre „Alsterpavillon“, den es schon seit 1799 gibt und der vor allem während der düsteren Nazi-Jahre lange ein trotziges Zentrum deutscher Swingmusik geblieben ist, der passende Treffpunkt also!

Hamburgs öffentlicher Nahverkehr ist beherrscht von der Hamburger Hochbahn, einem dichten System aus S-Bahn-, U-Bahn- und Buslinien, dessen Betrieb seine Mitarbeiter wie in jeder Großstadt täglich vor neue Herausforderung stellt. Unser Gastgeber Jürgen arbeitet dort seit vielen Jahren als U-Bahn-Fahrer, und so kamen wir am Freitag in den Genuß, einmal hinter die Kulissen schauen zu dürfen. Dazu besuchten wir zunächst das Hochbahnhaus in der Nähe des Jungfernstiegs, die technische Schalt- und Überwachungszentrale für den Nahverkehr der ganzen Stadt, wo uns eine seiner ebenfalls langgedienten Kolleginnen die Komplexität des Betriebs und seiner Steuerungs- und Sicherungssysteme auf sehr eindrucksvolle und sympathische Weise näherbrachte. Dazu gehörte auch die Vorführung eines köstlichen Schwarz-Weiß-Films aus dem frühen 20. Jahrhundert, der damals der „Fahrgasterziehung“ dienen sollte, ein echtes Kleinod in all seiner Schrulligkeit.

Anschließend ging es dann am Kreuzungsbahnhof Jungfernstieg in den Untergrund, wo mitten im dichten Taktverkehr der U-Bahnen ein eigens für uns gecharterter Sonderzug eintraf, gefahren von einem von Jürgens Kollegen. Höhepunkt unserer Sonderfahrt war ein Abstecher in den für den Personenverkehr noch gar nicht eröffneten unterirdischen Streckenabschnitt zum ebenfalls noch geschlossenen U-Bahnhof „HafenCity-Universität“, mit der Möglichkeit, dem Fahrer über die Schulter zu schauen und die eindrucksvolle Formensprache und Beleuchtung des neuen Bahnhofs in menschenleerer Szenerie auf sich Wirken zu lassen. Danach ging es mit unserem Sonderzug auf der sogenannten „gelben Linie“ (U 3) auf einen überirdisch auf Stelzen verlaufenden Rundkurs rund um die Hamburger Innenstadt durch pittoreske Bürgerhäuserschluchten und Grünanlagen bis zum Haltepunkt an den Landungsbrücken, wo sich unser DSS-Zug mit einem freundlichen Pfiff von uns verabschiedete.

Nur ein paar Gehminuten von dort entfernt liegt das „Portugiesenviertel“, früher geprägt von Hafenarbeitern und Reedereien, heute das wohl bekannteste Kneipenviertel der Stadt, in dem sich seit den 1970er Jahren zahlreiche Einwanderer aus Portugal niedergelassen haben (daher der heutige Name des Viertels). Knallvoll waren alle Lokale, für uns aber waren bei „D-Jose“ (www.d-jose.de) in der Jaffestraße Tische reserviert, wo das flinke Personal die Massenabfertigung (die aber keine Massenabfütterung war) jederzeit im Griff hatte und wir ein leckeres Abendessen mit südeuropäischen Spezialitäten genießen konnten. Einige stürzten sich anschließend ins Nachtleben der Stadt, andere führte der Weg heim ins Hotel zu einem gemütlichen langen Ausklang an der Hotelbar.

Nach etwas zu kurzer Nacht ging es am Samstag morgen zunächst wieder zum „Alex“ am Jungfernstieg und von dort dann zum „Hamburger Michel“, der Sankt-Michaelis-Kirche aus dem 17. Jahrhundert, dem Wahrzeichen der Stadt. Der Weg dorthin entlang durchweg moderner Architektur erinnerte auch daran, daß die alte Hamburger Innenstadt genau siebzig Jahre zuvor, Anfang August 1943, in der „Operation Gomorrha“, einem zehntägigen verheerenden alliierten Bombenangriff mit anschließendem Feuersturm untergegangen war. (Meine Mutter, die damals im Heidestädtchen Uelzen etwa 90 Kilometer südlich von Hamburg aufwuchs, berichtete oft davon, wie man selbst dort noch den nachts blutrot gefärbten Himmel sehen konnte, als die Stadt und mit ihr etwa 34.000 Menschen verglühten.) Die dank eines Aufzugs mühelose Turmbesteigung des Michel eröffnete uns bei schönstem Wetter und steifer Brise dann einen phantastischen Rundblick auf die Stadt, die Elbe und die riesigen Hafenanlagen.

In der Hansestadt Hamburg ins „Bayerische Hofbräuhaus“ zu gehen: das ist zugegebenerweise eigentlich eine touristischer Todsünde. Doch das gleichnamige Lokal an der Esplanade, gleich beim Redaktionsgebäude der Wochenzeitung „Die Zeit“, ist keine Touristenfalle, sondern überzeugt mit schmackhaftem Essen und natürlich dem maßvoll ausgeschenkten namensgebenden Münchner Nationalgetränk.

Dermaßen gestärkt und beschwingt ging es wieder zurück zum Alsterpavillon, in dessen unmittelbarer Nähe am Anleger 3 nun eine Barkasse auf uns wartete, um uns auf eine zweistündige Bootsrundfahrt entlang der zahllosen Kanäle und Schleusen durchs Alsterfleet bis zum Hafen und zurück zu entführen. Die riesige alte Speicherstadt, teils immer noch als Warenlager genutzt, teils zu mondpreisigen Luxuswohnquartieren gewandelt, vermittelt einen Eindruck von der Bedeutung, die die Hansestadt als größter europäischer Hafen einst besaß und noch immer besitzt. Beeindruckend auch die Vorbeifahrten am noch immer nicht fertiggestellten Millionengrab der „Elbphilharmonie“ und am hochhaushohen Kreuzfahrtschiff „Aida“, das gerade vor Anker lag. Mitunter surreal wurde das Ganze durch den Schiffsführer, einen „Käp’tn Kuddel“ wie aus dem in all seinen gattungstypischen Peinlichkeiten schon wieder genialen Touristenbilderbuch, der mit flotten norddeutschen Sprüchen für Stimmung sorgte, unglaublich zotig, aber darin schon wieder unwiderstehlich authentisch. Es durfte jedenfalls gelacht werden.

Am späten Samstag nachmittag dann der Mittelpunkt unseres Jahrestreffen in Form der Mitgliederversammlung, die sich nebst allfälligen Gremienwahlen auch schon mit Perspektiven für das Jubiläumsjahr 2015 beschäftigte, wenn sich Sinatras Geburtstag zum 100. Male jährt. Anschließend erfolgte der ebenso traditionelle Gang zum sehr schmackhaften Buffet im Hotelrestaurant, und dann, wie stets, „open end“ mit Frank Sinatra und seinen Konzertfilmen auf der Großleinwand im Tagungsraum.

Zu genießen gab es diesmal die vollständigen (und bis auf den ersten nach wie vor leider nicht offiziell veröffentlichten) Konzertfilme aus der New Yorker Carnegie Hall vom Juni 1980, dem „Westchester Premier Theatre“ in Tarrytown/N.Y. vom Mai 1977 mit Dean Martin, und dem „Maksoud Plaza“-Hotel im brasilianischen Sao Paolo vom August 1981. Dies im Kreise gleichgesinnter „Verrückter“ zu tun, ist immer wieder ein tolles Erlebnis. Swingfamiliär eben.
Besonders gefreut habe ich mich darüber, daß an diesem Abend mit dem Hamburger Henning Simalla und seiner Partnerin wieder einmal neue Gesichter zu unserem Kreis hinzugestoßen sind. Gesprächsstoff gab es natürlich genug, zumal Henning auch als Keyboarder und Arrangeur tätig ist. An dieser Stelle daher nochmals ein „Herzlich Willkommen“ bei uns in der DSS!

Wer am Sonntag noch Zeit hatte, konnte dann noch hautnah die altehrwürdige, großbürgerlich-hanseatische Tradition Hamburgs erleben, bei einer Führung durch das Große Rathaus, dem Sitz des Regierenden Bürgermeisters und der Bürgerschaft, mit seinen architektonischen Kostbarkeiten. Es war der schöne Abschluß eines Jahrestreffens, das wieder einmal zu schnell vorbeiging und erneut vor allem ein Gefühl zurückläßt, nämlich die Vorfreude auf das nächste Mal. Denn was wäre ein Jahr ohne unser Familientreffen? In diesem Sinne: Auf Wiedersehen 2014!

 

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